Montag, 13. Dezember 2010

Spielerei

"Ein Spiel?", hat sie das tatsächlich gerade geschrieben? Ungläubig starrt er auf den Bildschirm und liest erneut, ja, kein Zweifel, da hilft auch der Smiley dahinter nichts. Er seufzt, was soll er ihr darauf antworten. Er weiß, dass sie sich für ihre Verhältnisse an diesem Abend erstaunlich weit vorgewagt hat, wahrscheinlich braucht sie jetzt diese Sicherheit.

"Klar, ein Spiel, ein sehr schönes übrigens", der Smiley dahinter grinst breit. Mist! Es kommt spontan und überrascht sie selbst am meisten. Aber was hat sie denn erwartet? Dass sie sich Hals über Kopf ineinander verlieben, sich unbedingt treffen wollen und zusammenziehen? Aus dem Alter sind sie beide raus. Und was spricht denn dagegen, einfach ein bisschen zu spielen, hier und jetzt. Eine Zukunft hat das ohnehin nicht.

"Ja, find ich auch, dann lass uns mal weiterspielen...", sie schickt noch eine Blume hinterher, und das Geplänkel geht weiter. Obwohl sie sich beide ernsthaft um einen leicht-spielerischen Ton bemühen und dieser Art Flirt nicht allzu viel Bedeutung beimessen wollen, hat ihr Gespräch doch ab diesem Zeitpunkt etwas Angestrengt-Gezwungenes.

"Ich glaub ich muss heut mal etwas früher ins Bett" Schade. Irgendetwas ist schiefgelaufen, aber sie hat keine Ahnung was. Hat sie ihn gekränkt? Verärgert? Unwissentlich verletzt sogar? Oder ist er dieses Spiel nur leid, ist sie für ihn zu langweilig? Will er sich interessanteren Beschäftigungen zuwenden?

"Ok. Schlaf gut" Schlaf gut! Es klingt wie Hohn in seinen Ohren, an Schlaf ist nicht zu denken. Da kennt er sie jetzt schon so viele Jahre, hat sich immer gut und unkompliziert mit ihr unterhalten, eine solide Freundschaft, nicht mehr, und seit einigen Tagen ist plötzlich alles anders, wie auf den Kopf gestellt. Er wird nicht schlau daraus.

"Schlaf auch gut", dahinter noch ein Mond. Wütend klickt sie das Programm zu. Aber es geschieht ihr nur recht, was muss sie auch mit dem Feuer spielen und sich einbilden, sie könne doch noch mal die Erfahrung gegenseitiger Liebe machen. Naiv ist das, und das beste ist tatsächlich, wenn sie mit den Spielchen aufhören - sofort! Er ist ein guter Freund für sie, all die Jahre, sie will ihn nicht wegen einer dummen Flirterei verlieren. Wahrscheinlich hat er sie mit seinem Schlafbedürfnis gerettet.

Während beide den Computer herunterfahren, im Bett verschwinden, sich selbstbefriedigen, einschlafen und komische Sachen träumen, haben sie ihre Freundschaft gerettet und ihre Liebe füreinander ertrinken lassen.

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