Mittwoch, 21. Oktober 2009

"Die Techniker Krankenkasse ist ein einziger Scheißhaufen, verflucht nochmal", wütend stürmte die Kundin aus dem Beratungszimmer des Hauptgebäudes in Hamburg, schüttelte ungeduldig den Kopf, warf draußen noch einen letzten Blick auf die in der Sonne glitzernden Glasfassaden und ging Richtung S-Bahn. Gab es in diesem Unternehmen eigentlich auch nur einen einzigen Menschen, der vor der Beratung sein Gehirn einschaltete und flexibel genug war, ihre Angaben adäquat zu verarbeiten und daraus logische Schlüsse zu ziehen?

Aus einem Schreiben der Techniker Krankenkasse:
(...) Sie haben sich selbstständig gemacht. Für Ihre neue berufliche Zukunft wünschen wir Ihnen viel Erfolg und alles Gute. Wie telefonisch besprochen, sind mit Ihrer selbstständigen Tätigkeit Änderungen in der Kranken- und Pflegeversicherung verbunden. Bitte lassen Sie uns noch den beigefügten Antrag ausgefüllt und unterschrieben zukommen. Ihre Beiträge berechnen sich zunächst anhand Ihrer geschätzten Einnahmen, mindestens jedoch aus 1.890,00 Euro, maximal aus 3.675,00 Euro. (...)

12.12.2008
Unterstützung Eltern ca. 800.-/Monat
bisheriger Krankenkassenbeitrag 143,64.-/Monat

Die Auszubildende konnte sich ein Lachen nur mühsam verkneifen, doch mit einem Blick auf ihren Ausbilder wusste sie, dass Lachen jetzt keine gute Idee wäre. "Was soll ich denn sonst machen, Vorschriften müssen eingehalten werden und gelten nunmal uneingeschränkt für jeden. Und wenn sie eine GmbH hat, gemeinnützig hin oder her, dann muss sie eben über 300 Euro im Monat zahlen. "Na ja, aber wenn sie tatsächlich nur maximal 850 Euro hat? Das find ich ziemlich happig" "Tja, aber ich kann nichts tun!"

Aus der Satzung der gemeinnützigen GmbH:
(...) Die Gesellschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel der Gesellschaft dürfen nur für die vertragsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Gesellschafter dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft erhalten. (...)

"Kann mir mal jemand sagen, wer hier seinen Hund mitgebracht hat? Der Köter hat unter meinen Schreibtisch gekackt."

19.4.2009
Minijob 400.-/Monat
Unterstützung Eltern ca. 350-400.-/Monat
Pacht für Weideland 50.-/Monat
gesamt: 800-850.-/Monat

"Ich finde das wirklich nicht lustig, man muss doch nicht direkt neben das Klo scheißen, ist ja eklig."

Aus einem Brief an eine gute Freundin
(...) Ich löse die gemeinnützige GmbH auf. Es hat keinen Sinn mehr, sich noch länger etwas vorzumachen, ich habe nur Kosten und Ärger, aufgrund der Gemeinnützigkeit von vorneherein keine Gewinne und meine Krankenkasse will jetzt 300.-/Monat und das ist mir jetzt zuviel. (...)

"Jetzt finde ich doch diese dumme Akte nicht mehr, das Fach im Archiv ist offensichtlich von irgendjemandem als Klo benutzt worden."

11.6.2009
Krankenkassenbeitrag ab 7/09 311,85.-/Monat
bei annähernd gleicher Einkommenslage ist das eine Beitragssteigerung innerhalb eines halben Jahres von gut 100%

Die Lage spitzte sich zu: Fäkalien waren im ganzen Hauptgebäude aufgetaucht, Regale, Schubladen, Kisten und Schränke hatten sich mit stinkenden Scheißhaufen gefüllt, auf den Gängen und Treppen musste man ständig aufpassen wohin man trat. Später waren Zugänge zu Fahrstühlen, die Kantine, ganze Bürobereiche total versperrt, ein Durchkommen nur eine Zeitlang noch mit Mistgabeln und Schaufeln möglich, die Hausmeister, Putzkolonnen, zusätzlich eingestellte Arbeitskräfte und schließlich sogar die öffentliche Müllabfuhr rund um die Uhr im Einsatz. Doch der Scheiß drang weiter vor, ließ sich nicht stoppen.

Mitarbeiter kündigten scharenweise, ließen sich in andere Filialen versetzen oder von der Konkurrenz abwerben. Ein normales Arbeiten war unter derartigen Bedingungen unmöglich. Der Vorstand wandte sich an die Bundesregierung und bat um Hilfe, doch auch dort hatte man keine Ahnung, wie der Lage Herr zu werden sei. Die Touristeninfo hatte ihre Chance genutzt und fuhr mit der Stadtrundfahrt am Hauptquartier vorbei, das zunehmend im braunen Berg versank und nur noch hier und da Teile der einst glitzernden Glasfassaden erkennen ließ, aus allen Teilen der Welt kamen Schaulustige, staunten und lachten.

Vor versammelter Presse erklärte schließlich der Vorstand:
"Die Techniker Krankenkasse ist ein einziger Scheißhaufen, wir geben auf"