Mittwoch, 20. Juli 2011

Baum

Ein Bürgermeister, der nicht weiss, was in seiner Gemeinde vor sich geht, der sich Dreck in die Augen schmieren lässt und zufrieden nickt, wenn ihm die Mitarbeiter vom Bauhof erklären, es müssen Bäume gefällt werden, weil sie vom Borkenkäfer befallen sind und auf die Telefonleitung fallen.

- Wenn im Regenwald Holzfirmen mit ihren Maschinen schnell und größtenteils illegal ganze Wälder plattmachen, erschallt ein Aufschrei der Empörung, es wird demonstriert, unterschrieben, die "grüne Lunge der Erde" ist in Gefahr, hier sind es nur ein paar Straßenbäume ohne Lianen, Papageien, Tropenklima, die "ja wieder nachwachsen".
- Du hast ja recht, aber reg dich nicht so auf.

Ein Ausschuss, der die Gemeinde begutachtet und Jahr für Jahr dokumentiert, was gemacht werden müsste, ohne dass die Beschlüsse auch ausgeführt werden. Ein Bauhof, der die Arbeitsaufträge der letzten 10 Jahre sammelt und Däumchen dreht, um dann plötzlich wie von der Tarantel gestochen mit der Arbeit zu beginnen.

- Ich hasse diese Gutgläubigkeit und Naivität, völlig undenkbar, dass jemand sein Amt und seine Autorität dazu missbrauchen könnte, nicht zum Wohle der Gemeinde und damit aller zu entscheiden, sondern nach persönlichem Vorteil und eigenen Interessen.
- Du hast ja recht, aber sei nicht so zynisch.

Gemeinderatsmitglieder, die die Version des Bürgermeisters kritiklos übernehmen und das absurde Theater ernst und würdevoll mitspielen, ohne auch nur ansatzweise die eigene Meinung zu vertreten oder zumindest genauer nachzufragen, vermutlich weil sie sich keine Blöße geben und außerdem ja wiedergewählt werden wollen.

- Wo ist das Kontrollorgan, das sein Veto abgibt, wenn sich Vorgänge unterhalb demokratisch kontrollierbarer Abläufe verselbständigen und Gemeinwohlinteressen schädigen? Oder ganz konkret wo sind die einzelnen Menschen, die den Finger in die Wunde legen und sagen was sie sehen und hören, die nicht wie die drei Affen Augen, Ohren und Mund verschließen, um nicht aus der Herde ausgestoßen zu werden?
- Es gibt immer welche, dich und mich zum Beispiel.

Nachbarn, die befürchten, der Schneeräumdienst in der Straße wird eingestellt, wenn man zuviel fragt, die sich nicht einmischen, um das gute nachbarschaftliche Verhältnis nicht zu gefährden, die ihr Fähnchen nach dem Wind drehen.

- Nach Transparenz schreien und sich freuen, wenn "die da oben" dank Wikileaks entlarvt werden, ist einfach, sich selbst für Transparenz einsetzen, ganz persönlich und direkt im persönlichen Umfeld ist viel schwerer und soviel wichtiger, wer macht das denn schon.
- Es gibt immer so verrückte Einzelne, dich und mich zum Beispiel.

Drohmails, die man bekommt, wenn man nachfragt, Transparenz in die Sache bringen will, sich nicht duckt und schweigt wie die anderen und seine Meinung vertritt.

- Ich werde nicht schweigen, hilfst du mir?
- Wie, jetzt, sofort? Wer macht denn sonst noch mit?
- Bisher nur du und ich.
- Das bringt doch nichts, und es sind doch nur ein paar Bäume.

Montag, 18. Juli 2011

Warten

er sieht mich von der seite an
er rückt näher
er erzählt
ich höre nicht zu

Die kleinen dicken Arme ausstrecken und sich dagegenstemmen nutzt bei diesen weichen Fleischbergen überhaupt nichts. Meine Oma hat mich fest an sich gedrückt, und es sieht nicht so aus, als ob sie mich jemals wieder loslassen würde. Mein Gesicht versinkt in ihrem monumentalen Busen, ich bekomme keine Luft, strampel mich frei, wütend, ohnmächtig.

seine hand berührt meine, tastet sich meinen Arm entlang höher

Ich habe ein komisches Gefühl und möchte am liebsten weglaufen. Der Vater eines Schulkameraden hat mich auf seinen Schoß gezogen und haucht mir überall Küsse hin. Sie haben keine Ähnlichkeit mit den normalen Küssen meiner Mutter beim Zubettgehen oder Heimkommen. Ich will aufstehen, aber seine Arme halten mich fest wie in einem Schraubstock. "Ich habe doch nur zwei Jungs, und du bist so ein süßes kleines Mädchen".

ich erstarre
seine arme umschlingen mich von hinten
ich spüre sein erigiertes glied
er flüstert
ich höre nicht zu

Sie ist eine tolle Frau, ich bewundere sie und möchte ihr nah sein. Ihre Stärke und Kraft, ihr Leuchten in den Augen, ihr selbstbewusstes Auftreten, die Sicherheit und ihr klares Ja und Nein ziehen mich an. Ich bin das erste Mal verliebt, mein bisheriges Weltbild stürzt in sich zusammen, ich vermisse es nicht. Ich werfe einen Blick in eine andere Welt, aber sie kommt nicht mit.

sein atem im nacken
ich bin nicht da
ich drehe mich um und umarme ihn

Er zieht ein wie ein Hausbesetzer, nimmt alle Räume, Küche und Bad wie selbstverständlich in Beschlag, verplant eine gemeinsame Zukunft und verfolgt mich auf Schritt und Tritt, will mich nackt sehen, zieht mich heftig in seine Arme, bedrängt mich. Als er merkt, dass er aus mir keinen anderen Menschen machen kann, wird er ungehalten und aggressiv, beschimpft mich und geht, enttäuscht und wütend.

für augenblicke stehen wir reglos

Mit einer "Lesbe" will sie nichts zu tun haben, meine Zuneigung wischt sie mit ihrem klaren Nein vom Tisch. 20 Jahre später heiratet sie eine Frau, mit einem Schlag bin ich wieder 17 und zersplittere.

er küsst mich in die halsbeuge, nähert sich meinem gesicht
ich drehe mich weg, schiebe ihn beiseite
er redet
ich höre nicht zu